Die 12. Auszeichnungen für Verdienst und Leistung der Magazine Yeni Tiyatro & Yeni Sinema (Neues Theater & Neuer Film) ehrten ihre Preisträger am 20. Juni 2025 in einer festlichen Gala auf der Großen Bühne des Istanbuler Torun Centers. Mustafa Çavuş, ausgezeichnet in der Kategorie „Theater in Anatolien“, wurde für sein Engagement gewürdigt, in entlegenen Regionen die Theaterleidenschaft zu entfachen, junge Talente zu fördern und als kulturelle Stimme Anatoliens zu wirken. In seiner bewegenden Rede betonte er: „Theater muss überall in Anatolien leben, nicht nur in Großstädten!“ – ein Appell für tausende Theaterarbeiter. Die Nacht ehrte zudem Legenden wie Atilla Dorsay mit „Ehrenpreisen“, während Auftritte von Demet Evgar und Musiker Tuluğ Tırpan die verbindende Kraft der Kunst zeigten.


Der Kampf um Theater in Anatoliens Provinz
Trotz knapper Ressourcen und fehlender Infrastruktur hält das anatolische Theater durch kommunale Initiativen am Leben. Die Zeitung Tiyatro Gazetesi mit 40 Regionalbüros und 5.000 Monatsexemplaren macht Aufführungen in abgelegenen Gebieten sichtbar. Beispielhaft: Das Projekt „Reise ohne Barrieren zur Wissenschaft“ des Stadttheaters Manavgat, das Menschen mit Behinderungen einbindet und einen Jury-Hauptpreis gewann.
Lokale Pioniere wie Hasan Hüseyin Elmas (Afyonkarahisar) treiben diese Bewegung voran. Hasan Ocakoğlu erhielt in Şanlıurfa für sein Stück Sen Vatan Ben Gurbet (Du Heimat, ich Exil) einen Sonderpreis für die Verschmelzung traditioneller Erzählungen mit modernem Theater. Gratis-Workshops in Mersin und Kocaeli bilden junge Talente aus.
Doch zentrale Unterstützung bleibt entscheidend. Internationale Preise der Tiyatro Gazetesi – von Aserbaidschan bis Zypern – machen anatolisches Theater zum globalen Brückenbauer. Wie Mustafa Çavuş bekräftigt: „Dieser Preis gehört allen Kämpfern des anatolischen Theaters!“

Kommunale Kulturpolitik im Wandel
Städte rücken Theater ins Zentrum kultureller Entwicklung. Das Stadttheater Adana erhielt einen 65-Jahre-Sonderpreis, während Efeler für soziales Engagement ausgezeichnet wurde. Manavgats Bürgermeister Dr. Niyazi Nefi Kara – Preisträger des „Beitrags zum Türkischen Theater“ – spiegelt den politischen Sinneswandel wider.
Höhere Kulturetats ermöglichen diese Renaissance. Persönlichkeiten wie Şanlıurfas Bürgermeister Zeynel Abidin Beyazgül wurden mit „Kunstförderpreisen“ geehrt. Neue Spielstätten (Kunstzentrum Rota in Alanya) und Festivals (Taylıeli) bieten lokalen Künstlern nationale Plattformen.
Nachhaltigkeit braucht jedoch Strategie: Modelle wie das preisgekrönte Kulturprogramm Istanbuls, das Theater mit Bildung (Hakan Özcans „Bildungspreis“) und Tourismus (Kindertheater in Alanya) verbindet, weisen den Weg.
Digitalisierung nach der Pandemie: Neues Theaterzeitalter
Die Pandemie beschleunigte die digitale Transformation. Die Istanbuler Stadttheater (İBBŞT) setzten mit ihrem preisgekrönten „Digitalen Theaterfestival“ Maßstäbe. Projekte wie Kocaelis „Distanz-Kabarett“ wurden zu Symbolen kreativer Anpassung.
Technik bereichert die Ästhetik: Mapping-Effekte in Sen Vatan Ben Gurbet (Şanlıurfa) oder Lichtdesign in Gök Kubbe (İBBŞT) zeigen anatoliens technischen Fortschritt. Digitale Plattformen öffnen jungen Dramatikern globale Bühnen.
Doch Digitales ersetzt nicht Live-Erlebnisse. Mustafa Çavuş nennt Theater in Anatolien „eine Leidenschaft“ und betont die magische Zuschauer-Bindung. Hybride Modelle (digitale Werbung + Live-Aufführungen) boomen – wie Tiyatro Keyfis Kaktüs Çiçeği (Kaktusblüte), das via Social Media Publikum lockt.
Frauen: Wegbereiterinnen auf der Bühne
Künstlerinnen verbinden Theater mit Gesellschaftskritik. Bei den 5. Anatolischen Theaterpreisen ging jede Auszeichnung an Frauen – ein bewusstes Statement. Legenden wie Gülriz Sururi erhielten „Lebenswerk-Ehrungen“.
Heute dominieren Regisseurinnen und Dramatikerinnen die Preislisten: Das Staatsprojekt „12 Dramatikerinnen – 12 Regisseurinnen“ gewann „Bestes Projekt des Jahres“. Festivalkuratorinnen wie Arzu Tan Bayraktutan (Bursa) bringen Frauen-Produktionen auf internationale Bühnen.
Doch hinter den Kulissen bestehen Ungleichheiten fort. Die Frauen-preis-Gala 2018 der Tiyatro Gazetesi setzte ein Zeichen gegen Gewalt. Künstlerinnen wie Jale Karabekir (Tiyatro Boyalı Kuş) führen diesen Kampf mit frauenrechtlichen Projekten fort.

Junge Talente: Investition in die Zukunft
Der Fortbestand des Theaters hängt vom Nachwuchs ab. Die Preise 2025 rückten Newcomer wie Ayaz Gülşen („Hoffnungsträger“) ins Rampenlicht. Der „Bildungspreis für innovative Pädagogen“ fördert junge Theatervermittler.
Hochschul-Kooperationen befeuern dies: Die Bühnenkunst-Fakultät der Atatürk-Universität gewann den „Bildungssonderpreis“. Der „Theater von Morgen“-Preis eröffnet Regietalenten wie Hira Tekindor Chancen.
Lokale Initiativen sind essenziell: Karma Sahne (Samsun) und Alternaif Tiyatro (İzmit) bieten Jugendlichen Plattformen. Mustafa Çavuş’ Theaterworkshops in Dorfschulen wecken bei Kindern die Kunstbegeisterung.